Totalversagen beim Denkmalschutz am Alten Leipziger Bahnhof

Gebäude des Alten Leipziger Bahnhof Dresden umgefallene Bauzäune und Dreck (Totalversagen)

Lichtblick zumindest durch Start der Ausschreibung für Jüdisches Bildungs-, Vermittlungs- und kulturelles Begegnungszentrum

Es gibt doch noch die eine oder andere positive Entwicklung rund um das höchst strittige Areal „Alter Leipziger Bahnhof“ in Dresden. Mit der Ausschreibung für ein Jüdisches Bildungs-, Vermittlungs- und kulturelles Begegnungszentrum startet die Stadt Dresden nun endlich ein weiteres Vorhaben, das parallel zur „Kooperativen Quartiersentwicklung Alter Leipziger Bahnhof“ läuft. „Vor dem Hintergrund der historischen Rolle der Stadt Dresden, des Alten Leipziger Bahnhofs und der Deutschen Reichsbahn während der NS-Diktatur und dem erlittenen Leid der jüdischen Deportationsopfer ist es das erklärte Ziel der Landeshauptstadt Dresden, den Alten Leipziger Bahnhof nicht nur als lebenswertes Stadtquartier zur revitalisieren, sondern auch der historischen Verantwortung in Gegenwart und Zukunft gerecht zu werden. Den Bahnhof nicht nur als Gedenkort sichtbar zu machen, sondern zur Vermittlung Jüdischen Lebens in der Gegenwart ein Begegnungszentrum zu schaffen, ist deshalb ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung des Areals“, so vor wenigen Tagen die Ankündigung von Dresdens Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch.

„Eine positive Nachricht, die durchaus zu begrüßen ist, besteht doch jetzt nach über zehn Jahren Gezeter endlich das Gefühl, dass sich etwas tut“, so Stephan Trutschler, Sprecher der „Allianz für Dresden“ (AfDD), die sich wiederum seit über zehn Jahren für eine sinnvolle Nutzung dieses zentral gelegenen Areals in der Nähe des Neustädter Bahnhofs engagiert. Man sollte also meinen, dass am Alter Leipziger Bahnhof richtig „die Post abgeht“ und man sich vor Architekten, Handwerkern, Designern und Entscheidungsträgern kaum noch retten kann. „Dies vor allem deshalb, da zahlreiche Gebäude auf dem Gelände des Alten Leipziger Bahnhofs unter Denkmalschutz gestellt wurden und damit eigentlich dringend vor dem Verfall geschützt werden müssten. Doch all die Vorhaben der Stadt, die wunderbar nach Veränderung der Gesamtsituation klingen, liegen leider noch weit in der Zukunft“, so Trutschler weiter. Die Kooperative Quartiersentwicklung befindet sich aktuell in der zweiten Phase. Sieben Planungsbüros liegen nun miteinander im Wettstreit über den Siegesentwurf zum Umbau des Grundstücks. Entstehen soll ein lebendiges innerstädtisches Quartier, in dem Wohnen und Erholung im Vordergrund stehen. Doch bis der Dresdner Stadtrat den finalen Siegesentwurf freigibt und die ersten schweren Baugeräte anrollen, gehen sicherlich bei den in Dresden leider oftmals üblichen Genehmigungszeiten weitere drei bis fünf Jahre ins Land.

„Ähnlich wird es sich bei der aktuellen Ausschreibung zum Begegnungszentrum verhalten“, so die Befürchtungen innerhalb der AfDD. Die Erarbeitungen von Nutzungs- und Betreibungskonzepten können bis zum 8. April 2024 um 23.59 Uhr eingereicht werden. Danach folgt ein langwieriger Entscheidungsprozess und auch hier mehrere Jahre, in denen am Alten Leipziger Bahnhof sicherlich nichts passiert, genau wie bereits in den letzten zehn Jahren! Grundsätzlich begrüßt die Allianz für Dresden aber die Ausschreibung, zeigt sie doch, wie wichtig der historische Hintergrund des Areals ist und dass auch die Stadt den historischen Wert dieser Örtlichkeit beibehalten möchte.

Völlig konträr verhält es sich jedoch hier explizit beim Thema Denkmalschutz. Hier würdigen die Stadt und das zuständige Amt für Kultur- und Denkmalschutz in keiner Weise den Wert des Alten Leipziger Bahnhofs. Während man als Privatperson beim Kauf oder sonstigen Erwerb eines denkmalgeschützten Gebäudes in Hinblick auf den Erhalt des Gebäudes, bei der Sanierung oder womöglich einem Umbau mit unzähligen Auflagen konfrontiert wird, jeder noch so kleine Stein, jede Fenstersprosse, die Fassadengestaltung, Farbauswahl vom Denkmalschutzamt dreimal geprüft wird, scheint dieselbe Behörde beim Alten Leipziger Bahnhof konsequent wegzuschauen. Bis auf ein paar, inzwischen schon recht marode Schutzdächer, die vereinzelt historische Gebäude schützen sollen, passiert dort seit über zehn Jahren nichts! Stillstand, Verwahrlosung, Verfall und Zeitverschwendung sind seither die Schlagwörter, die man im Zusammenhang mit der Entwicklung am und um den Alten Leipziger Bahnhof in Dresden in Verbindung bringt. Durch die aktuell kahlen Bäume und Sträucher kann man gut den Verfall und die Verschmutzung auf dem Grundstück beobachten. Alte Küchengeräte, Plastikplanen, Graffitidosen, Autoreifen, Campingzubehör, zerstörte und umgekippte Bauzäune – all diese Gegenstände verteilen sich in Sichtweite rund um das Gebäudeensemble. Dazu zählt auch die stellenweise durchhängende Dachkonstruktion im nördlichen Teil des Grundstückes. Das Dach wird dort durch zahlreiche Holzpfeiler getragen. Darunter haben sich lokale Skater in den letzten Jahren ihren eigenen Skatepark gebaut und genießen so manch schöne Stunde im gemütlichen oder sportlichen Miteinander. Sollten weitere Gebäudeschäden eintreten oder dieses Dach in den kommenden warmen Monaten, wenn auch die Skater das Areal wieder vermehrt nutzen werden, einstürzen, werden hoffentlich die Verantwortlichen sowohl in der zuständigen Behörde als auch beim Eigentümer im etwas weiter entfernten Saarland zur Rechenschaft gezogen.

„Wie lange möchte man an diesem Ort eigentlich noch dem ‚Pingpongspiel‘ von Stadtverwaltung, lokaler Politik und Grundstückseignern zuschauen? Es wäre schön, wenn hier zeitnah etwas getan wird und die Gebäude nicht aufgrund des zeitlichen Verfalls einstürzen oder weitere Schäden erleiden“, so Trutschler abschließend.

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